Samstag, 15. November 2014

[Buchgedanken] Stephen Rebello - Hitchcock und die Geschichten von Psycho

Diese Kritik muss ich einem Freund widmen, der mich zweieinhalb Monate lang genervt hat, bis ich endgültig die Schnauze voll hatte und das Buch gelesen habe. Vielen Dank, ohne dieses auf-die-Zehen-Treten hätte ich ein geradezu geniales Sachbuch verpasst und nie erfahren, dass man auch Sachbücher verfilmen kann ...

Die Rede ist von einem Klassiker der Filmwissenschaften. Stephen Rebello stellt in diesem Buch die Entstehung des Filmklassikers "Psycho" dar und analysiert dabei sowohl den Entstehungshintergrund als auch das extrem zerbrechliche Geflecht zwischen Alfred Hitchcock und seinen Mitarbeitern. Während der "Meister des Schreckens" filmtechnisch nur Verneigungen ernten kann, war Mitarbeiterführung für ihn eher ein Fremdwort. Quasi diktatorisch herrschte Hitchcock am Set, nahm nur das zur Kenntnis, was für sein Schaffen notwendig war, und ließ die langweiligen Arbeiten lieber von anderen erledigen. Wobei er auch da immer die Eminenz im Hintergrund war, eigenständige Arbeit war nur dann möglich, wenn sie in sein Gesamtkonzept passte. Auch seine Hauptdarstellerinnen wurden von ihm gegängelt und gedrängelt, da er mit Grace Kelly eine Art Gesamtkunstwerk geschaffen hatte, das es dann wagte, ihm durch ihre Hochzeit mit einem dahergelaufenen Monarchen die Pläne zu versauen! Als Hitchcocks Interesse für "Psycho" geweckt wurde, begannen nicht nur intensive Produktionsarbeiten, sondern auch eine sehr spannende Neuerung im Bereich des Kinofilms - das Publikum dazu zu bringen, einen Film von Anfang an zu sehen ...

Das Buch ist chonologisch aufgebaut und folgt den Dreharbeiten von der ersten Drehbuchidee bis zum ausgeklügelten Werbefeldzug und den enttäuschten Oscar-Hoffnungen. Das ist besonders gut für jemanden, der keine Ahnung hat, was eigentlich alles zum Filme-Machen dazugehört - man wird da vermutlich fast erschlagen von Berufen, die man noch nie zuvor gehört hat. Was ich mir hier und da gewünscht hätte, wäre umfangreicheres Bildmaterial gewesen, mit dem man die betreffenden Personen mal gesehen hätte und vor allem auch die Szenen aus "Psycho" noch einmal hätte nachvollziehen können - ich habe mir den Film letztlich tatsächlich auf DVD besorgt, weil es verdammt spannend war, die Szenen zu Rebellos sehr klugen Analysen noch einmal anzuschauen. Das Buch ist interessant, lehrreich, faszinierend und extrem spannend geschrieben - trotz des extrem langweilig klingenden Themas - wer sich auch nur im Ansatz für Filme interessiert, sollte hier mal zugreifen. Oder sich den Film "Hitchcock" ansehen - der ist nämlich das Buch als Film :-p

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