Montag, 20. Februar 2017

[Buchgedanken] Erich Maria Remarque - Im Westen nichts Neues

Sie sind 17 Jahre alt und haben gerade das Abitur gemacht. Sie sind jung, draufgängerisch und müssen an die Front. Der erste Weltkrieg fordert seinen Tribut, und so steht schon bald die gesamte Schulklasse in Uniform bereit. Ihr alter Lehrer hat sie quasi überredet, denn wie ehrenvoll ist es, für das Vaterland zu kämpfen. Dass sich hinter diesem schönen Anspruch nichts anderes versteckt als ein elend langsames und dennoch fast nicht abwendbares Sterben als Kanonenfutter, erwähnt niemand.

Erich Maria Remarques Roman ist nicht umsonst ein Klassiker geworden, den man wirklich nur jedem ans Herz legen kann. Ich habe ihn jetzt ein paarmal gelesen, jedes Mal neu bin ich völlig überwältigt von der Lakonie, mit der Remarque dieses Bild vom Sterben malt. Einer nach dem anderen werden die Figuren ausgesiebt und dabei ist keinem ein wie auch immer gearteter Heldentod gegönnt. Im Gegenteil, in der Aussicht auf ein frisches Paar Stiefel von den Füßen eines Toten wird selbst der sympatischste Schüler zum Aasgeier, und angesichts des Dauerhungers im Frontgraben sucht man sich seine Freunde nach ihrem Talent im Organisieren von Lebensmitteln aus. Für mich am schlimmsten waren die Kapitel im Heimaturlaub, wo die Hauptfigur gute Miene zum bösen Spiel macht und vor allem die Mutter nicht beunruhigen will und ihre Sorgen mit lustigen Anekdoten beantwortet und gleichzeitig die Zeit in Zivil mehr genießt als er es sich je hätte vorstellen können.

Remarque nimmt den Leser mit in die Hölle der Grabenkämpfe, wobei selbst seine sehr deutlichen Schilderungen vermutlich nur einen Bruchteil des tatsächlichen Schreckens vermitteln. Dennoch schafft das Buch, seinen Leser mitzunehmen und ihm den Gedanken an einen glorreichen Krieg auszutreiben. Dass der Autor dafür nach der Erscheinung angefeindet wurde, dürfte klar sein, aber selbst heute noch hat der Text spürbare Wirkung, selbst bei der obercoolen achten Klasse, mit der ich das Buch als Klassenlektüre parallel zu meiner eigenen Lektüre gelesen habe. Vielleicht liegt das an Remarques Geradlinigkeit der Schilderung, bei der Prosaik und Poesie sehr nah beieinander liegen. Ich habe mich sofort aufgehoben geführt in dieser Sprache und konnte die Seiten quasi im Minutentakt umblättern, so sehr wurde ich davongetragen. Und trotz dieser Sprachgewalt bleibt er dabei ganz nah an seinen Figuren, alle wirken glaubwürdig und realisitsch in ihrer Darstellung. Ich werde das Buch vermutlich immer und immer wieder lesen und hoffe, es findet noch jede Menge neue und alte Leser.

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